Streckenkarte (Alternativroute, 1. Entwurf)
Routenvorschlag mit allgemeiner Radweg-Beschilderung (pdf 6,4MB)
Download
Link zur Route auf outdooractive
Abschnitte privat befahrbar ohne Gewähr, größtenteils auf vorhandenen Radwegen des Landkreises Gotha, (noch) keine durchgehende Radroutenbeschilderung
Link zu outdooractive.com
Handout MERP Thüringen
print version
Download

Wir freuen uns auf Hinweise zum Zustand und zur Einteilung der Routenabschnitte sowie Vorschläge für schöne Orte und Ruheoasen am Weg – bitte meldet Euch per E-Mail!

IDEE und KONZEPT des RadPilgerweges

1. Hintergrund
Das Projekt „Meister Eckhart – Der Pilgerradweg in Thüringen“ widmet sich dem Ordensgelehrten Eckhart
von Hochheim OP (1260-1328), genannt Meister Eckhart. Er gilt als der größte deutsche Mystiker und
gehört zu den herausragenden Gestalten nicht nur des hohen Mittelalters, sondern des westlichen
Denkens überhaupt (Prof. Dr. Udo Kern, Uni Rostock).
Eckhart von Hochheim ist als Sohn Thüringens eine Persönlichkeit von internationalem Rang. Sein Tod
jährt sich 2028 zum 700. Mal. Die geisteswissenschafltichen Fakultäten von Universitäten in Europa, den
USA, Südkorea, Japan usw. sowie wissenschaftliche Meister-Eckhart-Gesellschaften in Deutschland und
Großbritannien beschäftigen sich mit der Erforschung von Werk und Wirkungsgeschichte Eckharts bis in
die Gegenwart. Vielfältige Spuren seines Denkens finden sich nicht nur bei seinen Schülern Heinrich
Seuse und Johannes Tauler, sondern auch bei Nikolaus von Kues sowie Jakob Böhme und Angelus
Silesius. Martin Luther war mit Eckhart unwissentlich über Schriften Taulers vertraut und hat seine
Gedanken aufgegriffen. Im 19. Jahrhundert fanden Eckharts Gedanken insbesondere Beachtung und
Anerkennung bei Schelling, Hegel, Schopenhauer, Heidegger, Martin Buber, Ernst Bloch und Erich
Fromm, die ihn intensiv rezipiert haben. Seine Leitsätze fanden Aufnahme und großes Interesse bei
Vertretern der japanischen Kyoto Schule und weiterer Schulen des Zen-Buddhismus in Japan und
Südkorea an Eckhart im 20. Jahrhundert (G. Wehr „Meister Eckhart“). Eckharts Gedanken sind
insbesondere im Zusammenhang mit den Themenfeldern Entschleunigung und Nachhaltigkeit sowie
Reformation, Ökumene, interreligiöser Dialog und Friedensforschung hochaktuell. In Thüringen selbst ist
Eckhart von Hochheim leider weitgehend unbekannt. Deshalb ist ihm dieses Projekt eines
Pilgerradweges gewidmet.
Aus der Eintragung in den Ordenslisten der Erfurter Dominikaner (Predigerbrüder) läßt sich auf das
Geburtsjahr Eckarts um 1260 rückschließen. Von der Burg Altenfels bei Tambach, auf der sein Vater in
dieser Zeit als Burgvogt eingesetzt war, sind am Südende der heutigen Schmalwassertalsperre noch ein
Felsen mit einigen Steinen zu sehen. Nach seiner höheren schulischen Ausbildung im Dominikanerkloster
der mittelalterlichen Großstadt Erfurt studierte Eckhart am Generalstudium in Köln. An der damals
berühmtesten Universität Europas, der Sourbonne in Paris, wurde er akademischer Lehrer. Er kehrte
nach Erfurt zurück, wurde als Prior seines Klosters gewählt und zum Vikar von Thüringen ernannt. Die
Dominikaner entsandten ihn dann offiziell als Magister (Lehrmeister, daher „Meister“ Eckhart) auf den
dem Orden zustehenden Lehrstuhl für Theologie in Paris, der jeweils für ein Jahr vergeben wurde. Eine
weitere Entsendung nach Paris erfolgte 2 Jahre später, was eine besondere Auszeichnung darstellte.
Weitere Stationen seines Wirkens als Ordensoberer der Dominikaner und Vikar des Ordensgenerals
waren Strasbourg und wiederum Köln. Dort mußte er sich im Alter und im Zusammenhang der pastoralen
Wirkung seiner deutschen Predigten gegen den Vorwurf rechtfertigen, er predige Gelehrtes vor
Ungelehrten. Der gegen ihn angestrengte Inquisitionsprozess wurde vom Papst Johannes XXII. in
Avignon 1327 in ein Lehrverfahren umgewandelt. In diesem Zusammenhang wurden dann 17 seiner
Lehrsätze als häretisch verurteilt. Eckhart starb noch vor Ende der Untersuchung am 28.1.1328.
Eckhart von Hochheim war als Mystiker mit seiner Lehre einer vernunftgemäßen, individuellen
Gotteserkenntnis auch Vorläufer der tiefgreifenden reformatorischen Strömungen im europäischen
Spätmittelalter. Als Ordensmann des Dominikaner- bzw. Predigerordens übersetzte er als Erster
Bibeltexte ins Mittelhochdeutsche – der Sprache des Niebelungenliedes – und predigte darüber in Kirchen
und Klöstern auf deutsch. Das zeigen viele mitgeschriebene Predigten, die meist anonym überliefert
wurden, z.T. heute noch entdeckt und von der Forschung Meister Eckhart zugeordnet werden können
(z.B. Wartburger Handschrift 2016 entdeckt). Auf dieser älteren Sprachstufe des Deutschen entwickelte
Eckhart vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten. Die Worte ‚Bildung‘, ‚Gelassenheit’ und ‚Wirklichkeit’ gehen
beispielsweise auf ihn zurück. Martin Luther konnte darauf aufbauend seine Bibelübersetzung ins
Hochdeutsche erschaffen. Seine Gedanken zur persönlichen religiösen Selbstbestimmung leiten sich aus
der aktiven Reflexion der eigenen Glaubenserfahrung und ihrer vernünftigen Interpretation im Sinne einer
spekulativen und nicht schwärmerischn Mystik ab. Er hat, wie später Luther, den eigenverantwortlichen,
individuellen Gebrauch der Vernunft betont, der das Göttliche nicht in äußeren Dingen, sondern nur in
sich selbst finden und mit eigener Erfahrung in der Seele ergründen kann.
Die religiöse Überlieferung des Glaubens allgemein philosophisch zu beschreiben und in das zeitgemäße
Denken zu integrieren, ist ausdrücklich der Ansatz von Meister Eckhart. Er spricht von einer Quelle und
Wurzel, aus denen alles hervorgeht, „was wahr ist, sei es im Sein, sei es im Erkennen, in der Heiligen
Schrift und in der Natur“.
Eckhart stellt sich der Herausforderung, das religiöse und das philosophische (heute zusammen mit dem
naturwissenschaftlichen) Denken über die Welt einander anzugleichen und deren Widerspruch zu
überwinden. Die Auseinandersetzung mit seinem Denkansatz und den Wurzeln des Christentums sind
kein abstraktes Thema für weltabgewandte Spezialisten und Theoretiker, sondern können konkret auf die
Probleme der heutigen Globalisierung, in der die verschiedenen Religionen und Kulturen aufeinander
prallen und miteinander auskommen müssen, bezogen werden. Es ist heute nicht nur wünschenswert,
sondern überlebenswichtig, die Gegensätze und die Spaltungen zwischen und innerhalb der einzelnen
Religionen zu überwinden. Dies kann gelingen, indem bei allen Unterschieden die spirituell-mystischen
Wurzeln und gemeinsamen Denkvoraussetzungen der verschiedenen Religionen aufgedeckt und
aufeinander bezogen werden. Diesbezüglich sind die Gedanken Eckharts wegweisend und können für
den interreligiösen Dialog heute fruchtbar gemacht werden. Der Theologe Bernhard Welte stellt bzgl. eher
entfernter Religionen fest, dass sich über Meister Eckhart z.B. die so gegensätzlichen Religionen
Christentum und Buddhismus gleichsam aus weiter Entfernung „zuwinken“.

2. Projektidee Rad-Pilgerweg
Wenn Menschen heute touristisch unterwegs sind, dann reicht die Bandbreite ihrer Interessen von
sportlicher Betätigung mit Bewältigung großer Distanzen in kurzer Zeit über kulturelles Interesse mit
Besichtigung von Sehenswürdigkeiten bis hin zur Suche nach geistiger Entspannung („die Seele baumeln
lassen“). Das zunehmende Bedürfnis nach bewußterer Lebensgestaltung lässt Menschen im Urlaub
verstärkt nach bewußterer Wahrnehmung des eigenen Lebensgefühls, nach Lebenstiefe, innerer
Stärkung und bleibender Lebensfreude fragen. Dieses Anliegen äußert sich im seit einigen Jahren
stetigen Anwachsen des sogenannten spirituellen Tourismus. Dieser umfasst vor allem das Pilgern.
Gefragt sind verstärkt die traditionellen Pilgerwege (Jakobsweg, Romweg), aber auch kleinere
Pilgerrouten bzw. Teilstrecken. Insbesondere das Pilgern mit dem Fahrrad wird immer populärer. Laut
„Süddeutsche Zeitung“ sind jährlich mehr als 500 000 Deutsche per Fahrrad auf Pilgerwegen unterwegs
(H.Popp „Radpilgern nach Santiago und Jerusalem, nach Rom und Hamburg“).
In diesem Zusammenhang will das Pilgerradweg-Projekt ein Angebot für Menschen sein, die spirituell auf
der Suche und an Informationen zum Thema Meditation und Mystik interessiert sind. „Menschen suchen
Orte der Besinnung und vor allem eine Entschleunigung ihres Alltags. Auf Pilgerwegen kann man zu Fuß
oder auf dem Rad dem Leben nachspüren – ohne den gewohnten Luxus. Daher ist das Radwandern auf
Pilgerwegen auch immer ein Abenteuer und eine Selbsterfahrung: Man muss lernen, mit wenig
auszukommen“, so Thomas Froitzheim vom ADFC-Bundesfachausschuss Fahrradtourismus, Köln.
Der Pilgerradweg möchte die individuelle Annäherung an Leben, Werk und Wirkung des großen
Mystikers anregen sowie sprituelle Impulse geben. Das Wegekonzept soll Eckharts Anschauung vom
„Sich selbst finden und lassen in Gott“ widerspiegeln, die als Kreisbewegung von Außen nach Innen zur
eigenen Seele – und wieder nach Außen im Sinne der achtsamen Zuwendung zum Anderen gedacht
werden kann. Für den Weg nach Innen und der Freilegung des eigenen Seelengrundes („scientilla
animae“ – Seelenfunke Gottes) sind Besinnung, Zeit und Abgeschiedenheit wichtig. Damit werden
Selbstwahrnehmung und inneres Freiwerden ermöglicht, wovon Eckhart im Zusammenhang mit dem
Lassen bzw. der Ge-Lassenheit spricht. Der Mensch kann bei seiner Suche nach der Tiefe der eigenen
Existenz zur „Quelle“ des Lebens zurückfinden, die ihn selbst und die Welt im Innersten zusammenhält.
Zur Umsetzung der nachfolgenden Projektziele ist der Weg mit Pilgerstationen an/ in Kirchen mit ihrem
Umfeld, in Herbergen sowie in freier Natur ausgestattet. Sie werden als Orte des An-und Inne-Haltens
gestaltet und es stehen je nach Interesse Informationen und Anregungen zu verschiedenen
Themenfeldern sowie Textimpulse bereit. Eine Erweiterung des Projektes beinhaltet die Option, den Weg
als Radpilger im Sinne des „bikepacking“ – Konzeptes und mit Hilfe von GPS-Koordinaten der
Pilgerstationen auf single trails selbst zu wählen (ADFC-Modellprojekt). Hierbei können die Bedingungen
einer „Pilgerfahrt“ individuell idealtypisch realisiert werden.
Mit seiner direkten Verbindung zum „Lutherweg Thüringen“ und dem thematischen Zusammenhang der
Ursprünge reformatorischer Bewegungen in Europa soll das Projekt „Meister Eckhart – Der Pilgerradweg
in Thüringen“ Bestandteil des Netzwerkes „European cultural route of Reformation“ ECRR werden. Die
ECRR bildet ein europäisches Wegenetz, das die Spuren der reformatorischen Bewegungen in Europa
verfolgt und insbesondere vorreformatorische Strömungen in den Blick nimmt. Träger des
Pilgerradwegeprojektes, wie auch des Projektes ECRR, ist der „Kirche und Tourismus e.V.“
Reinhardsbrunn.

3. Projektziele
Bereitstellung von Texten von und Informationen über Eckhart sowie Impulsen in Bezug auf:
1. Person Eckharts, seine Lebensstationen und das Umfeld in seiner Zeit.
2. Eckharts Werke und seine Gedanken in verständlicher Form mit Schwerpunkt Aktualität für die heutige
Zeit, Entwicklung der deutschen Sprache – mittelhochdeutsch als Kulturgut von europäischem Rang.
3. Eckhart-Rezeption: Aufnahme seiner Gedanken durch Schüler, durch Luther (Lutherweg mit
vergleichenden Texten) und Nachwirkung in Philosophie und Theologie bis heute.
4. Vorreformatorische Strömungen in Europa, Eckharts Lehrtätigkeit in Paris, europaweite Auswirkung.
5. Ökumene: Dialog der christlichen Konfessionen, Bezug zu Orthodoxie, Katholizimus und Freikirchen.
6. Interreligiöser Dialog: Verbindungen zum Judentum und zum Islam sowie zu den fernöstlichen Lehren
des Zen-Buddhismus mit vergleichender Darstellung von Texten Eckharts und der Religionen.
Darüber hinaus sollen definierte Wegstrecken mit Meditationsschritten und Anleitungen für Übungen zur
Selbstwahrnehmung versehen werden. Korrespondierend zu Eckhart-Texten ist die Aufstellung von
Kunstobjekten an den Pilgerstationen am Weg geplant.
In einem 2. Ausbauschritt des Projektes soll die individuelle Befahrung durch Einzelpilger oder in kleineren Gruppen als Meister Eckhart –
Pilgerradweg – „bikepacking“ – Tour auf selbstgewählten single trails in abgeschiedener Natur mittels
GPS-Navigation ermöglicht werden. Das Fahrrad fungiert in diesem Fall als Pilgerrucksack, mit dem man als Radpilger auch
autark mit Zelt und Isomatte unterwegs sein kann. Dieses Pilgern verstärkt im Sinne des ‚Sich ganz Gott
Anvertrauen’ die spirituelle Dimension und Tiefe des Erlebens.
Weiterhin soll ein geeigneter Wegabschnitt als Skatingstrecke Meister Eckhart „Spirit-Skate“ für inlineskating
(asphaltiert) eingerichtet werden. Diese soll insbesondere das gesteigerte Wahrnehmen des
„Fließens“ (FLOW) im Rahmen des meditativen Erleben ermöglichen.
Die Informationen an den Pilgerstationen sollen kurz und verständlich sein. Weiterführende Erklärungen
sind auf der Internetseite zum Pilgerradweg online bzw. über QR-Codes verfügbar. Die GPS-Koordinaten
der Pilgerstationen und Herbergen werden online bereitgestellt.
Goldbach bei Hochheim, 15.2.2018